Eine Forschergruppe aus den Niederlanden hat 258 an der Dupuytrenkrankheit erkrankte – aber unbehandelte- Personen fünf Jahre lang begleitet, um herauszufinden, wie sich die Erkrankung verändert. Die Ergebnisse waren für die Experten teilweise überraschend – sehen Sie selbst!
Immer wieder fragen mich Patienten, teilweise in großer Sorge, wie denn die Dupuytren Krankheit bei ihnen weitergehen wird. Verständlicherweise ist die Vorstellung, eines Tages schlimme Fingerkrümmungen zu bekommen, sehr unschön.
Bislang waren meine Antworten ungefähr so:
1. Individuelle Prognosen sind seriös nicht möglich. Alles ist denkbar: das Verharren der Erkrankung im momentanen Stadium über lange Zeit ebenso wie eine Verschlimmerung.
2. Wer das Pech hat, „Diathese-Patient“ zu sein, muss leider mit einem schwereren Dupuytren Verlauf rechnen, also mit einem rascheren Fortschreiten der Veränderungen.
Das Diathese-Konzept ist seit 60 Jahren in Gebrauch. Korrekterweise müsste man von einem „Diathese-Syndrom“ sprechen, denn „Ein Syndrom bezeichnet in der Medizin eine Kombination von verschiedenen Krankheitszeichen. die typischerweise gleichzeitig und gemeinsam auftreten.“ Von einer Diathese spricht man, wenn bestimmte Kennzeichen der Dupuytren Krankheit vorliegen, wie Auftreten in jüngerem Lebensalter, Befall mehrerer Finger, insbesondere auch des Daumens, Knöchelpolster und die Lederhose-Knoten an den Fußsohlen.
Diese Sichtweise müssen wir nun wohl überdenken.
Die niederländische Arbeitsgruppe um Dieuwke Broekstra und Paul Werker hat vor kurzem eine Studie vorgelegt, die den natürlichen Verlauf der Krankheit an 258 Menschen, die an der Dupuytren Krankheit litten, beobachtete. 111 davon befanden sich noch gar nicht in ärztlicher Behandlung, 147 waren zwar eigene Patienten, allerdings ebenfalls unbehandelt. Im Verlauf von fünf Jahren wurden diese Personen alle sechs Monate untersucht. Man interessierte sich einerseits dafür, ob sich die Krankheitszeichen ausbreiteten, und natürlich auch dafür, ob eine vorhandene Streckblockade zunahm.
Tatsächlich kamen die Forscher zum Schluss, dass sich die Dupuytren Erkrankung grundsätzlich immer ausbreitet. Das betrifft die Fläche, die von Knoten oder Strängen durchsetzt ist. Und: besonders an Kleinfingern schreitet eine Streckblockade regelmäßig weiter voran.
Das klingt tatsächlich erst einmal etwas weniger erfreulich als zuvor gedacht, auch wenn die Autoren natürlich große Schwankungen zwischen den jeweiligen Krankheitsverläufen beobachtet hatten.
Es wäre natürlich sehr interessant gewesen, wenn man Faktoren gefunden hätte, die auf einen besonders ungünstigen Fall hinweisen. So könnte man in Zukunft vielleicht erkennen, wann man moderne Behandlungen anbieten sollte, die auf eine Verzögerung des Krankheitsverlaufes hinauslaufen. Das muss man sicherlich bei jedem Patienten mit einem Dupuytren Knoten sogleich machen. Hier würde man gern solche herausfiltern, die absehbar einen ungünstigen Krankheitsverlauf haben werden.
Aber genau das konnten die Forscher eben nicht herausfinden. Ein Zusammenhang zwischen Risikofaktoren, an der Dupuytren Krankheit überhaupt zu erkranken, und einem ungünstigen Verlauf mit rasch fortschreitender Ausbreitung und Zunahme einer Streckblockade konnte gerade nicht bewiesen werden. Deshalb müssen wir auch unser bisheriges Bild von der sogenannten „Diathese“ in Frage stellen. Patienten, die zwar wie ein Diathesefall erscheinen, muss man nun wohl nicht mehr so pessimistisch wie früher beraten.
Immerhin ein kleiner Trost für die Betroffenen. Insgesamt aber sind wir gespannt auf die nächsten Studien dieser Art.